248/365 Regel-Rettungsdienst

Moin zusammen!

Wacken, Werner Rennen, Holstenköste – immer, wenn viele Menschen zusammenkommen, wird die notfallmedizinische Versorgung durch Sanitätsdienste sichergestellt. Also haupt- oder ehrenamtliche Kolleginnen und Kollegen, die zusätzlich im Dienst sind. Zusätzlich zum sogenannten Regelrettungsdienst. Warum erzähle ich das so ausführlich? Weil mir in meinen Diensten mehr und mehr bewusst wird, dass der Begriff „Regelrettungsdienst“ auch ganz anders verstanden werden kann. Die Leute vom Regel-Rettungsdienst, dass sind die, die für dich regeln, was du selber nicht auf die Kette kriegst. Heute hatten wir zwei Einsätze, die als Beispiel dienen können. Bei beiden war kein Transport erforderlich. Einmal ging es in eine Wohneinrichtung für Suchtpatienten, wo uns durch die gebrochen deutsch sprechende Betreuungskraft ein Patient mit einem hochfieberhaften Infekt vorgestellt wurde. Nicht das schon mal Fieber gemessen worden wäre. Das hat die Kollegin gemacht, nachdem der Patient schon beim bloßen Anfassen überhitzt wirkte. Dem Betreuer war das bis dato nicht aufgefallen. Er dachte eher an ein Problem mit den Atemwegen, aber das gab sich sobald der Patient längs und nicht mehr quer im Bett lag – mit dem Kopf im neunzig Grad Winkel an der Wand abgeknickt… Nächstes Problem: kein Paracetamol im Haus. Unserem Hinweis auf die freie Verkäuflichkeit von PCM in der Dorfapotheke, hielt der Betreuer entgegen, dass er alleine in der Einrichtung wäre und nicht weg könnte. Wie wäre es denn mit einem der Bewohner, die hier so zahlreich im Garten und auf der Terrasse sitzen? Nee, ginge nicht und überhaupt muss das ein Arzt anordnen, meinte der Betreuer. Wir haben dann noch den Kontakt zum kassenärztlichen Bereitschaftsdienst hergestellt, bevor wir gegangen sind – falls der Betreuer auch das nicht geregelt bekommt.

Zweiter Einsatz: Z.n. KV (Zustand nach Körperverletzung) oder unter uns „Z.n. PiF und PaM (Paar inne Fresse/Paar auf‘s Maul). Patient Anfang zwanzig ohne festen Wohnsitz, aber mit geschwollener Nase. Keine Ahnung, was er tun soll. Vielleicht zum HNO-Arzt, so unser Vorschlag. Wo denn? Let me google that for you (Offensichtlich nicht ohne Grund auf der Liste zum Jugendwort des Jahres 2018!)! Neumünster zum Beispiel? Nee, bin nicht krankenversichert, hab‘ kein Geld. Und überhaupt, wie soll ich da hin kommen? ÖPNV, schön mal gehört? Patientendaten aufgenommen, tschüß gesagt – während im Hintergrund die Freundin des Patienten am Handy jemanden als „31Bitch“ beschimpft. Das googlet ihr aber mal schön selber! ????

Irgendetwas läuft bei uns radikal falsch. Gerade junge Menschen strotzen vor Ahnungslosigkeit und erlernter Hilflosigkeit. Den Älteren geht jede Form der Eigeninitiative und Lösungsorientierung völlig ab. Es ist immer irgendwer anderes zuständig! Ich krieg‘ echt Plaque, während ich das schreib‘!

Ansonsten war‘s ruhig auf der Wache. Als das Bild entstand, liefen gerade die Nachrichten. Es ging um Automatisierung und Digitalisierung: Rund 70% der Jobs in den Banken gehen in den nächsten sieben Jahren über die Wupper! In sieben Jahren! Fast genauso lange, wie an der Freiherr-vom-Stein-Schule auf diesen Umbruch hingewiesen wird. Aber digitale Medien gehören ja nicht in die Schulen. Boah ey, dann werdet doch alle Bänker!

Highlight des Tages: Bekanntschaft mit Tobi. Tobi „beschattet“ die Schulleitung der Freiherr-vom-Stein-Schule und wird eines Tages selber Schulleiter in Halle an der Saale. ???? Möge dein Elan nie nachlassen und die Begeisterung für den Beruf nie erlöschen!

Munter bleiben.